Selbst Heilen mit Kräutern von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer und Friederike Grönemeyer

 

Kombination aus wissenschaftlich fundiertem Sachbuch, übersichtlich aufbereiteten Nachschlagewerk und mit Rezepten unterlegten Ratgeber, das sich in einer großen Bandbreite an Themen der Pflanzenheilkunde widmet

 

Diese als Paperback vorliegende Neuauflage des Spiegel Bestsellers, die auf knapp vierhundert Seiten eine Sammlung geballten Wissens birgt, nur als Taschenbuch zu bezeichnen, erscheint mir beinahe als Untertreibung. Was mir an deren Gestaltung ausgesprochen gut gefallen hat, sind die im Einband enthaltenen Übersichten, die die Eignung von “Selbst Heilen mit Kräutern” als Nachschlagewerk hervorheben. Denn mit deren Hilfe konnte ich leicht in diesem Buch behandelte Themen, die für mich relevant sind, entdecken. Die Innenseite des Covers enthält einen Überblick über die bedeutendsten Heilpflanzen für die Anwendung zu Hause. Interessiert haben mich dabei insbesondere die Heilpflanzen, die mir vor der Lektüre dieser Kombination aus Sachbuch und Ratgeber nicht bekannt gewesen sind. Dazu zählen unter anderem Tormentill oder Zistrose.

Hingegen beinhaltet der rückwärtige Einband eine Übersicht von nach Anwendungsgebieten aufgelisteten Heilpflanzen, die in diesem Zusammenhang lindernd wirken können. Diese ist anatomisch unter anderem nach “Hals, Nasen, Ohren, Zähne”, “Bronchien, Lunge”, “Magen, Darm, Verdauung” und “Blut, Herz, Arterien, Venen” gegliedert. Im Kapitel “Was hilft?”, das mir dank dessen Farbgebung eine einfache Orientierung ermöglicht hat, wird dieser Überblick dann fortgeführt, wenn auf etwa fünfzehn Seiten detailliert auf die für verschiedene Beschwerden relevanten Heilkräuter eingegangen wird.

 

Zur Geschichte der Heilpflanzen und deren in Studien belegter medizinischer Wirksamkeit

In der Einleitung von “Selbst Heilen mit Kräutern” gehen Dietrich Grönemeyer, der Professor für Radiologie und Mikrobiologie an der Universität Witten / Herdecke ist, und seine Tochter Friederike Grönemeyer, die studierte Psychologin und ausgebildete Heilpraktikerin für Pflanzenheilkunde ist, auf die Geschichte der Pflanzenheilkunde ein, die vor mindestens 60.000 Jahren begonnen hat. Denn in einem derart alten Grab sind dem dort Beerdigten an die dreißig unterschiedliche Heilkräuter für seine Reise ins Jenseits mitgegeben worden. Die älteste Überlieferung in schriftlicher Form, die bis heute erhalten geblieben ist und Rezepte zur Anwendung von Heilpflanzen beinhaltet, stammt aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. und ist von den Sumerern verfasst worden.

Auch setzen sich die Autoren mit der wissenschaftlichen Verankerung der Pflanzenheilkunde auseinander, indem sie etwa betonen, dass diese als besondere Therapierichtung im Deutschen Arzneimittelgesetz vorhanden ist, und auf deren medizinisch belegte Wirksamkeit unter anderem durch Verweis auf in diesem Zusammenhang erfolgte Studien eingehen. Dazu zählt beispielsweise eine klinische Studie aus dem Jahr 2000, bei der nachgewiesen wurde, dass bei der Beruhigung im Magen-Darm-Bereich pulverisierter Ingwer bessere Ergebnisse als ein entsprechendes Medikament erzielt hat. Dabei ist die Lesbarkeit dieses Sachbuchs dadurch von den Autoren erhöht worden, dass sie in ihren Ausführungen weitestgehend auf Fachvokabular verzichten, das dafür nicht benötigt wird. Zudem werden wesentliche Definitionen (z.B. Phytotherapie, Kommission E, ESCOP) übersichtlich aufbereitet auf separaten Seiten dargestellt.

 

Zur grundlegenden Anwendung von Heilpflanzen in Form von Rezepten

In einem separaten Kapitel erläutern Dietrich und Friederike Grönemeyer, wie sich Präparate aus Heilpflanzen für die innerliche oder äußerliche Anwendung zubereiten lassen. In diesem Zusammenhang wurden mir grundsätzliche Prinzipien vermittelt, die bei der Verwendung von Heilkräutern, etwa als Tee oder Abkochung, zu beachten sind. Gut gefallen hat mir dabei die große Bandbreite, die von den Autoren durch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten abgedeckt wird. Denn diese reichen von klassischen Darreichungsformen wie einem Tee oder einer Tinktur aus Heilpflanzen über für mich eher unerwartete Optionen wie beispielsweise einen Trockenextrakt oder Presslinge bis hin zu traditionellen Methoden in Gestalt von Bädern, wobei ein Sitzbad von einem Vollbad und Aromabad unterschieden wurden. Ein Highlight ist in diesem Kapitel für mich der thematische Schwerpunkt gewesen, den die Autoren auf die Wickel gelegt haben, wenn die Herstellung und Anwendung eines Basiswickels anhand entsprechender Abbildungen illustriert und durch konkrete Rezeptvorschläge veranschaulicht wird.

Diese umfassen unter anderem einen traditionellen Kohl- oder Quarkwickel, der Schwellungen oder Entzündungen der Gelenke bzw. Halsschmerzen lindern kann, aber auch einen Meerrettich- oder Ingwerwickel, der bei Schnupfen resp. Husten helfen kann und damit bestens geeignet für die kalte Jahreszeit ist. Fortgeführt wird dieser Ansatz in einem weiteren Kapitel, das ausschließlich aus Rezepten besteht, die sich unterschiedlichen Beschwerden widmen. Beispiele dafür sind Mundspülungen und Gurgelmischungen (aus Arnika bzw. Kamille und Salbei), ein Kräuter-Breiumschlag bei Bauchschmerzen, ein Verdauungstee oder ein Antientzündungs-Smoothie mit Kamille.

 

Zu den Heilpflanzen Porträts im Hauptteil dieses Sachbuchs & Ratgebers

Den Schwerpunkt von “Selbst Heilen mit Kräutern” bilden die verschiedenen Kapitel, die sich in alphabetischer Reihenfolge sortiert mit den unterschiedlichen Heilpflanzen auseinandersetzen. Diese reichen von klassischen Heilpflanzen wie Baldrian, Kamille, Johanniskraut oder Pfefferminze über sonst eher als Unkraut angesehene Gewächse wie etwa die Brennessel oder den Spitzwegerich und eher als Küchenkräuter bekannte Pflanzen wie beispielsweise Rosmarin, Salbei oder Thymian bis hin zu exotischen Gewächsen, zu denen unter anderem Ginseng, Ingwer oder Kurkuma zählen. Das detaillierte Porträt, das die Autoren für jede dieser Heilpflanzen entwerfen, beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung dieser Pflanze. Zudem wird eine Übersicht über deren Hauptindikatoren gegeben, ergänzt um gesundheitliche Beschwerden, in deren Falle die jeweilige Heilpflanze zum Einsatz kommen kann. Dabei sind auch traditionelle Anwendungsgebiete berücksichtigt worden. Im Anschluss daran gehen Dietrich und Friederike Grönemeyer auf verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für die betrachtete Heilpflanze ein.

Für den Ingwer beispielsweise bieten sich dessen Zubereitung als (milder) Tee, Shot oder Brustwickel an, für die die Autoren konkrete Rezeptvorschläge angeben, die Vorgaben zu dessen Dosierung mit einschließen. Die zusätzlich zur jeweiligen Heilpflanze vorhandenen persönlichen Tipps, die für mich oft unerwartet gewesen sind, habe ich als interessant empfunden. Dabei wird etwa im Kapitel, das den Ingwer behandelt, angeführt, dass dieser als Koffein-Ersatz geeignet ist. Im letzten Abschnitt erfolgt dann eine wissenschaftliche Herangehensweise an die Pflanze, indem unter anderem auf in diesem Zusammenhang relevante Studien eingegangen wird. Abgerundet wird ein jedes Kapitel von einem Steckbrief zur Heilpflanze, der deren Familienzugehörigkeit, Synonyme für deren Bezeichnung, ihre verwendbaren Teile, Inhaltsstoffe, deren daraus resultierende Eigenschaften, mögliche Darreichungsformen und Bezugsquellen zusammenfasst.

 

Mein Fazit

“Selbst Heilen mit Kräutern”, das mich mit den in seinen Einband integrierten Übersichten und mit detaillierten Porträts zu verschiedenen Heilpflanzen in seinem Hauptteil überzeugt hat, ist meiner Ansicht nach ideal als Nachschlagewerk. Darüber hinaus bietet sich dieses Buch für eher wissenschaftlich Interessierte aufgrund von dessen Herangehensweise und den diesbezüglich zusätzlich enthaltenen Informationen an, ist aber wegen seiner konkreten Anleitungen und Rezeptvorschläge auch als Ratgeber für all jene geeignet, die Pflanzenheilkunde für sich selbst zu Hause anwenden wollen. Meinem Empfinden nach richtet sich “Selbst Heilen mit Kräutern” jedoch weniger an absolute Einsteiger in die Materie, obgleich die Autoren für die Verständlichkeit ihres Buchs kein Vorwissen voraussetzen. Nichtsdestotrotz könnten Anfänger von dem in diesem Werk konzentrierten Wissen, das zwar durch großformatige Fotografien ansprechend aufbereitet ist, leicht erschlagen werden. Denn nur selten werden - wie im Fall der Wickel - absolute Basics ausführlich erklärt und detailliert anhand von entsprechenden Abbildungen beschrieben.

 

4,5 Sterne ****

 

Allgemeine Angaben zum Buch:

  • Herausgeber: Goldmann
  • Erscheinungsdatum: 20. Dezember 2023
  • ISBN-10: 3442179920
  • ISBN-13: 978-3442179923
  • Seitenzahl: 384
  • Preis: 18 €