Die Geschichte der Uhr von Alexander Barter und Daryn Schnipper

 

Ein absolutes Highlight für jeden Uhrenliebhaber

 

“Die Geschichte der Uhr” ist in die einzelnen Jahrhunderte gegliedert, was im 16. Jahrhundert beginnt und bis in das 21. Jahrhundert reicht, um mit einer von Roger Smith auf der Isle of Man in 2022/23 hergestellten Armbanduhr mit Handaufzug zu enden. Insgesamt werden hundert Uhren aus fünfhundert Jahren vorgestellt. Dabei gibt es zu jeder Uhr in diesem Buch mindestens eine Doppelseite, wenn nicht mehr, die sich detailliert mit der betrachteten Uhr auseinandersetzt. Dazu gehören allgemeine Angaben zur Uhr, sofern diese bekannt sind, wie etwa deren Hersteller, das Land der Herstellung, deren Datierung sowie ihre Maße (z.B. ihr Durchmesser oder ihre Höhe). Auch wird eine präzise Beschreibung der jeweiligen Uhr angegeben, die von großformatigen Fotos, die deren Außen- wie Innenansicht umfassen, ergänzt wird. Diese veranschaulichen die betreffende Uhr nicht nur, sondern setzen diese gekonnt in Szene. Zudem findet eine Einordnung in den historischen Kontext statt, bei der unter anderem ein Bezug von der im Buch präsentierten Uhr zu vergleichbaren anderen Uhren hergestellt wird. Damit stehen in diesem Werk, das eine Kombination aus Sachbuch und Bildband darstellt, zwar die im Titel erwähnten 500 Uhren im Mittelpunkt. Darüber hinaus wird jedoch insgesamt ein Überblick über die Geschichte der Uhr im behandelten Zeitraum gegeben.

 

Eine vergoldete Trommeluhr aus Frankreich als erste Uhr

Die erste Uhr, die in “Der Geschichte der Uhr” von Barter und Schnipper vorgestellt wird, ist eine vergoldete Trommeluhr aus Frankreich, die vermutlich in Blois um 1525 bis 1550 gefertigt wurde. Das Besondere an dieser Uhr sind neben ihrem goldenen Äußeren, das sie edel und luxuriös wirken lässt, ihre geringen Maße. Denn dadurch handelt es sich bei dieser Uhr um die kleinste, heute bekannte Trommeluhr der Renaissance. Auch zeigt ein Gemälde von Hans Hohlbein, das heutzutage in der Gemäldegalerie in Berlin ausgestellt wird, ein Porträt von Georg Gisze, einem hanseatischen Kaufmann, auf dem sich eine Trommeluhr in ähnlichem Format abgebildet findet.

Neben den herausragenden großformatigen Fotografien, die die einzelnen Uhren illustrieren und für mich zum Highlight dieses Buchs zählen, ist der dazugehörige Text gleichermaßen interessant wie lehrreich ausgefallen. Denn die Autoren geizen nicht mit einer Vielzahl relevanter Fakten, die sie als Hintergrundwissen zur jeweils vorgestellten Uhr ergänzen. So habe ich beispielsweise vom Unterschied zwischen einer Trommel- und einer Dosenuhr erfahren, indem die Dosenuhr eine in ihrer Gestalt flacher gehaltene Variante der Trommeluhr darstellt, die zudem mit einem Klappdeckel, der ihrem Schutz dient, versehen ist.

 

Große Bandbreite an vorgestellten Uhren, beispielsweise im 16. Jahrhundert

Barter und Schnipper decken in “Der Geschichte der Uhr” anhand der von ihnen ausgewählten Uhren eine große Bandbreite verschiedener Modelle ab, die sich in ihrer Form, Art oder auch ihrem Hersteller voneinander unterscheiden können. Dazu gehören im 16. Jahrhundert als Hersteller etwa Jacques De La Garde, der unter anderem als Uhrmacher von König Heinrich III. von Frankreich tätig gewesen ist, und Pierre Chapelle aus Bordeaux in Frankreich. Die unterschiedlichen Varianten der im Kapitel, das das 16. Jahrhundert betrifft, behandelten Uhren reichen von einer Trommel- wie Dosenuhr, über eine Spindeluhr und große Halsuhr bis hin zu einer Kugeluhr, zu denen unter anderem die Globusuhren zählen, und einer in eine Pulverflasche integrierte Uhr, die damit eine Kombination aus beiden genannten Gegenständen bildet, was dieser Uhr ein ungewöhnliches Äußeres verleiht.

 

Zur frühen Geschichte der Uhr im 16. und 17. Jahrhundert

An diesem Werk haben mich neben den hochwertigen Fotografien, die detaillierte Einblicke und Außenansichten von jeder der hundert präsentierten Uhren bieten, besonders die frühen Zeiträume interessiert, indem mir die Geschichte der Uhr in deren Anfängen weitestgehend unbekannt gewesen ist. Damit hatten für mich die Kapitel, die sich mit dem 16. bzw. mit dem 17. Jahrhundert auseinandergesetzt haben, die größte Relevanz, da sie mit vielem, das für mich neu gewesen ist, aufzuwarten hatten. Dabei beginnt das 17. Jahrhundert in Großbritannien - genauer gesagt in London - und zwar mit einer vergoldeten Dosenuhr, die von Jacques Bulke, auch Jacques de Bulcke genannt, gebaut worden ist. Er ist einer der ersten in England gewesen, der die Betätigung des Uhrmachers zu seinem Beruf gemacht hat. Ebenso spannend ist das Kapitel, das den Zeitraum des 17. Jahrhunderts behandelt, von Barter und Schnipper fortgesetzt worden, indem in dessen weiteren Verlauf eine Reihe von besonderen Uhren, die ich so nicht erwartet hatte, vorgestellt wurden.

 

Beispiele für außergewöhnliche Uhren aus dem 17. Jahrhundert

In Wohl, das in Frankreich liegt, ist um 1610 eine Uhr gefertigt worden, die durch ihr einzigartiges Gehäuse auffällt, das aus einem Smaragd besteht, in das sie eingefasst ist. Auch zeigen die Autoren verschiedene Beispiele für eine astronomische Uhr, die als solche nicht nur die Uhrzeit anzeigt, sondern zudem Angaben von astronomischer Bedeutung - wie beispielsweise das Tierkreiszeichen, den dominierenden Planeten, die Mondphase oder die Planetenstunde - beinhaltet. Darüber hinaus hat mich eine von William Cory um 1630 hergestellte Uhr überrascht, was zum einen in ihrem achteckigen Gehäuse und zum anderen in den darauf abgebildeten Szenen aus der Bibel (z.B. das Fest von Absalom, die Emordung des Amnon oder die Kreuzigung Jesus Christi) begründet liegt. Dabei ist ihre achteckige Form nur für mich besonders gewesen, da diese im 17. Jahrhundert wohl recht häufig anzutreffen gewesen ist. Im Gegensatz dazu lassen von John Drake resp. von Jean Delacombes in Genf um 1650 gefertigte Uhren deren Gestalt, die einer Tulpenblüte nachempfunden ist, bzw. deren Gehäuse, das aus einem Bergkristall in Form eines Kreuzes besteht, einzigartig werden,

Als ungewöhnlich habe ich die von Jean Rousseau ebenfalls in Genf um 1650 hergestellte Memento-mori Uhr empfunden, die ihren Träger in der darin umgesetzten Thematik an die Unausweichlichkeit des Todes erinnern soll. Diese Uhr hat bei Rousseau die Gestalt eines realistisch dargestellten Totenschädels angenommen. Auch ist mir eine frühe Uhr des bekannten Thomas Tompion aufgefallen, die eine der ersten Uhren mit Unruhfeder gewesen ist. Denn einerseits wirkte sie recht modern auf mich. Andererseits besticht deren Ziffernblatt durch scheinbar willkürlich darauf angeordnete Ziffern, die einen beinahe dadaistischen Eindruck hinterlassen haben.

 

Eine in einen Singvogelautomaten integrierte Uhr als mein persönliches Highlight

Bei der Vielzahl außergewöhnlicher Uhren, von denen eine prächtiger als die andere ist, fällt es mir schwer, mich für ein Highlight darunter zu entscheiden. Dennoch zählt zu meinen persönlichen Favoriten aus diesem Buch der Singvogelautomat, der von Jacquet-Droz & Leschot in 1786/87 in Genf gefertigt worden ist. Dieser ist opulent verziert, indem er mit Perlen und Edelsteinen besetzt ist, was von einer Vergoldung abgerundet wird. Zugleich hat er aber auch filigran auf mich gewirkt - insbesondere in der in Emaille gehaltenen Abbildung eines Vogels. Insgesamt stellt er die Kombination aus einem Singvogelautomaten und einer darin integrierten Uhr dar, die zudem mit einem im Boden eingelassenen Geheimfach, das mit einem Spiegel ausgestattet ist, versehen ist. Damit kann dieses kleine mechanische Kunstwerk nicht nur die Zeit anzeigen, sondern auch mittels der eingebauten Orgel, die über sechs Pfeifen verfügt, die Stimme eines Singvogels wiedergeben.

 

Detaillierte Anhänge runden diese eindrucksvolle Kombination aus Sachbuch und Bildband ab

Abgerundet wird “Die Geschichte der Uhr” von umfangreichen Anhängen, zu denen neben einem Register auch ein Glossar zählt, das eine Vielzahl von den in der Beschreibung der verschiedenen Uhren verwandten Fachbegriffen erklärt. Darüber hinaus finden sich als Anhang zu diesem Buch ein Literaturverzeichnis, ein Bildnachweis, eine Auflistung detaillierter Fußnoten sowie von Orten, an denen sich die in diesem Werk aufgeführten Uhren, die derzeit öffentlich ausgestellt sind, besichtigen und in echt bestaunen lassen.

 

5 Sterne *****

 

Allgemeine Angaben zum Buch:

  • Herausgeber: Prestel Verlag
  • Erscheinungsdatum: 18. Oktober 2023
  • ISBN-10: 3791379763
  • ISBN-13: 978-3791379760
  • Seitenzahl: 304
  • Preis: 69 €