Die weinende Stadt von Bernhard Hennen

 

Etwas langatmiger Einstieg in ein furioses Finale, in dem alle Handlungsstränge zusammenlaufen

 

Alathaia, die nicht nur ihr Fürstentum Langollion, sondern auch ihren Sohn, den Meuchelmörder Assanael verloren hat, ist in der Prüfung im Labyrinth der Nacht vor eine schreckliche Wahl gestellt worden. Da ist sie gezwungen gewesen, für ihren Traum von einem freien und einigen Reich, indem jeder in Frieden und Wohlstand lebt, ein entsetzliches Opfer bringen zu müssen. Doch infolge der Prüfung, die Alathaia so viel gekostet hat, hält sie nun alle Trümpfe in der Hand. Denn von der Troll Schamanin Skanga hat sie das letzte, ihr dafür noch fehlende Puzzle Teil erhalten. Damit hat sie nun sämtliche Komponenten beieinander, die dafür notwendig sind, um eine Himmelsschlange, die grausamste, aber auch mächtigste Kreatur von allen wiederauferstehen zu lassen.

 

"Die weinende Stadt", die von Bernhard Hennen gewohnt gekonnt erzählt wird, ist nach "Die Blutkönigin, "Der Gläserne Kaiser", "Das Eherne Wort" und "Das Labyrinth der Nacht" bereits der fünfte Band der Schattenelfen-Saga. Dadurch ist dieser Roman nur bedingt für den Einstieg in die Reihe geeignet. Der eher ruhige Einstieg in dieses Buch, der um Swid und seine Zwerge in ihrem Unterwasserboot der Bolzenspucker kreist, hätte sich für eine ausführliche Rekapitulation wesentlicher Ereignisse voriger Bände angeboten, bevor dann sukzessive die Spannung erhöht wird bis zum furiosen Finale, indem die aufgebauten Handlungssträge zusammenlaufen. Indem "Die weinende Stadt" meiner Ansicht nach nicht den ersten Band der Schattenelfen-Saga darstellt, den man lesen sollte, hätte ich mir gewünscht, dass Hennen von Anfang an in die Vollen gegangen wäre und den eher ruhigen Beginn dieses Romans deutlich kürzer hätte ausfallen lassen. In den anderen Büchern der Reihe habe ich die Kapitel mit den Zwergen stets genossen. Allerdings haben diese da auch stets von der nicht immer reibungslosen Interaktion von Elfen und Zwergen auf dem höchst beengten Raum der Bolzenspucker gelebt. Auf den ersten Seiten "der weinenden Stadt" hingegen verabschieden sich die Elfen- und Zwergen-Gruppe voneinander, um fortan getrennte Wege zu gehen.

 

Auch wenn die Schattenelfen-Saga nach den Sprösslingen des abgründigen Rubinrosenbusches Matha Blouta benannt ist, so steht in deren Mittelpunkt doch eigentlich die Entwicklung von Alathaia, die von ihrem Konflikt mit Elfenkönigin Emerelle geprägt ist. Zwar sammelt Hennen gekonnt ein großes Figurenensemble in seinem Roman und gestaltet seine Erzählweise abwechslungsreiche, indem er die Geschichte aus diversen unterschiedlichen Blickwinkeln wiedergegeben wird. Der Fokus liegt jedoch auf Alathaia, deren Motivation ihr Traum von einem besseren Fürstentum Langollion darstellt und der Motor ist, der die Handlung in der Schattenelfen-Reihe vorantreibt. Spätestens im Finale "Des Labyrinths der Nacht" ist klar geworden, dass Alathaia als Fanatikerin zur Antagonistin werden wird, die dazu bereit ist, alles ihrem Ziel zu opfern. Diese Entwicklung ist zumindest für mich recht plötzlich gekommen und nicht so ganz nachvollziehbar gewesen. Dazu muss ich sagen, dass "Die Blutkönigin" der erste Roman ist, den ich aus der Elfen-Reihe von Hennen gelesen habe und die Entscheidungen von Alathaia, die den Fortgang der Handlung prägen, womöglich plausibler sind, wenn einem Elfenkönigin Emerelle und deren ehemalige

Meuchlerin Alathaia bereits aus anderen Romanen bekannt sind. Zuvor ist Hennen jedoch das Kunststück gelungen, den Konflikt zwischen der Fürstin von Langollion und der Elfenkönigin lange Zeit in der Schwebe zu halten, indem die Charakterisierungen der Figuren im Roman bewusst ambivalent angelegt sind und es dadurch weder eine eindeutig gute noch böse Seite gibt.

 

4 Sterne ****

 

Allgemeine Angaben zum Buch:

  • Herausgeber: Heyne
  • Erscheinungsdatum: 28. Februar 2024
  • Seitenzahl: 448
  • ISBN-10: 3453274105
  • ISBN-13: 978-3453274105
  • Preis: 16 €

Schattenelfen-Reihe:

  • Band 1: Die Blutkönigin
  • Band 2: Der gläserne Kaiser
  • Band 3: Das eherne Wort
  • Band 4: Das Labyrinth der Nacht

  • Band 5: Die weinende Stadt